15
Obwohl noch immer der Nebel über dem Fluß hing, der gelegentlich bis an die Uferbänke heranreichte, konnte Sam dennoch die großen, pilzförmigen Gralsteine, die sich am Strand entlangzogen, erkennen. Bald darauf entdeckte er ein winziges Boot, das aus dem Nebel kam. Zwei Männer sprangen an Land und zogen den Einbaum aus dem Wasser. Dann rannten sie rechterhand davon. Aber das Sternenlicht reichte aus, um sie für Sam erkennbar zu machen, wenngleich ihn hie und da ein Gebäude in der Sicht behinderte. Die Männer umrundeten das zweistöckige Gebäude der Töpferei und hielten dann geradewegs auf das Hügelgebiet zu. Sam verlor sie aus den Augen, aber es sah ganz danach aus, als seien die beiden auf dem Weg zu John Haderlumps »Palast«.
Aber genug über das Wachsystem des Staates Parolando. Entlang des Ufers befand sich jede Viertelmeile eine auf Pfählen stehende Hütte, die mit vier Wächtern bemannt war.
Und sie hatten die strikte Anweisung, sofort Alarm zu schlagen, sobald sie etwas Verdächtiges bemerkten. Man hatte sie deswegen extra mit Trommeln, aus Knochen gefertigten Hörnern und Fackeln ausgerüstet.
Und jetzt waren zwei Männer aus dem Nebel gekommen, um König John, dem Ex-König Englands, eine Botschaft zu übermitteln?
Eine Viertelstunde später sah Sam einen weiteren Schatten durch die Dunkelheit rennen. Das dünne Seil, das an einer kleinen Glocke über dem Eingang seines Hauses führte, bewegte sich. Es klingelte. Sam starrte durch das Steuerbordfenster und sah unter sich ein helles Gesicht. Es gehörte William Grevel, seinem Leibspion, einem ehemals bekannten Bürger der Stadt London, wo er Wollfabrikant gewesen war, bevor er im Jahre des Herrn 1401 abberufen wurde. Da es weder Schafe noch sonstige Säugetiere außer den Menschen auf dieser Welt gab, war der ehemalige Fabrikant zu einem verläßlichen Spion geworden, denn es lag einfach in seiner Natur, nächtelang aufzubleiben und herumzustrolchen.
Sam begrüßte ihn. Grevel eilte die »Leiter« herauf und trat ein, nachdem Sam die große Eichentür für ihn geöffnet hatte.
»Saluton, Leutenanto Grevel«, sagte Sam in Esperanto. »Kio estas?« (»Hallo, Leutnant Grevel! Was führt Sie zu mir?«)
Grevel erwiderte: »Bonan matenon, Estro du grasa fri-pono, Rego Johano, estas jus ekceptita duo spionoj.« (»Guten Morgen, Boß. Der fette Schurke namens König John hat gerade zwei Spione empfangen.«)
Da weder Sam noch Grevel etwas mit dem Englisch des anderen anfangen konnten, hatten sie es sich angewöhnt, in Esperanto miteinander zu reden, was eine leidliche Verständigung ermöglichte.
Sam grinste. Bill Grevel hatte sich aus dem Geäst eines Eisenbaumes heruntergelassen, war geradewegs über dem Kopf eines Wachtpostens auf dem Dach des zweistöckigen Gebäudes gelandet und mit Hilfe eines Seiles in ein Fenster eingestiegen. Nachdem er einen Raum durchquert hatte, in dem drei Frauen schliefen, hatte er sich den obersten Stufen der in den ersten Stock hinabführenden Treppe genähert. John und die beiden Spione – einer war Italiener und stammte aus dem zwanzigsten Jahrhundert; der andere ein Ungar aus dem sechzehnten – hatten unter ihm an einem Tisch gesessen, während letztere von einer Fahrt berichteten, die sie flußaufwärts geführt hatte. König John war Grevel während der ganzen Unterhaltung ziemlich wütend erschienen.
Als Grevel endete, bekam Sam bald einen Wutanfall.
»Er hat versucht, Arthur von Neu-Britannien ermorden zu lassen?« fragte er entsetzt. »Was hat dieser Mann eigentlich noch alles vor? Will er uns denn vollkommen ins Unglück stürzen?«
Er lief wie ein wilder Stier herum, blieb plötzlich stehen, zündete sich eine Zigarre an und setzte seinen Weg fort. Noch einmal hielt er an, diesmal um Grevel etwas Wein und Käse anzubieten.
Es war eine Ironie des Zufalls – oder vielleicht auch der Ethiker, denn schließlich kannte man ja ihre Absichten nicht –, daß König John von England und sein Neffe, den er heimtückisch ermordet hatte, sich beide in einem Gebiet aufhielten, das nicht mehr als zweiunddreißig Meilen auseinanderlag. Arthur, ein britannischer Prinz der nicht mehr existierenden Erde, hatte die Leute in seiner Umgebung organisiert und einen Staat gegründet, den er Neu-Britannien nannte. Obwohl es nur wenige echte Angehörige der alten Bretonen in dieser Gegend gab, störte sich niemand auf dem zehn Meilen langen Landstrich, den er beherrschte, an der Namensgebung.
Es hatte acht Monate gedauert, bis Arthur herausgefunden hatte, daß dieser Onkel sein Nachbar war, dann war er inkognito nach Parolando gereist, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, daß John derjenige war, der ihm die Kehle durchgeschnitten und seinen Leichnam in die Seine geworfen hatte. Die Absichten, die Arthur nun verfolgte, lagen auf der Hand: Er wollte John in seine Gewalt bringen und ihn so lange am Leben erhalten, wie es die Folter zuließ. Er wollte seine Rache haben. Ein toter John, der vierundzwanzig Stunden später irgendwo an anderer Stelle wieder aufwachte, nützte ihm nichts.
Deswegen hatte Arthur Parlamentäre geschickt, die verlangten, daß man ihm seinen Onkel ausliefere. Man hatte dieses Ultimatum natürlich ablehnen müssen, obwohl, was Sam anging, ihn nur seine Aufrichtigkeit und die Furcht vor John daran gehindert hatten, Arthurs Verlangen zu erfüllen.
Und jetzt hatte John vier Männer mit dem Auftrag ausgeschickt, Arthur umzubringen. Zwei waren dabei getötet worden; die anderen hatten leichtverletzt die Flucht ergriffen. Das bedeutete Invasion. Jetzt würde Arthur sich nicht mehr damit zufrieden geben, John zu erhalten: Nun würde er auch alles daransetzen, das Metall in seine Hände zu bekommen.
Zwischen Parolando und Neu-Britannien existierte ein vierzehn Meilen langer Landstrich, den man entweder Chernskys Land oder – in Esperanto – Cernskujo nannte. Chernsky, ein dem sechzehnten Jahrhundert entstammender ukrainischer Kavallerieoberst, hatte zwar ein Zusammengehen mit Arthur abgelehnt, aber die Nation, deren Land sich gleich im Norden an Neu-Britannien anschloß, wurde von einem Mann namens Iyeyasu regiert. Iyeyasu war eine starke und ehrgeizige Persönlichkeit und hatte um 1600 auf der Erde das Shogunat Tokugawa gegründet, das man später Tokio nannte. Bald berichteten Sams Spione, daß der Japaner und der Bretone sich bereits zum sechsten Mal zu einer Kriegskonferenz getroffen hatten.
Im Norden von Iyeyasujo lag außerdem das Land Kleomanujo, das von Cleomenes, einem spartanischen König, regiert wurde, der ein Halbbruder jenes Leonidas gewesen war, der den Paß von Thermopylae gehalten hatte. Cleomenes hatte sich ebenfalls schon dreimal mit Arthur und Iyeyasu getroffen.
Südlich von Parolando befand sich das elf Meilen lange Reich Publia, das man nach seinem König Publius Crassus benannt hatte. Publius war während der Gallierkriege Offizier in Cäsars Kavallerie gewesen. Ihn konnte man am ehesten als freundlich einstufen, obwohl er horrende Preise dafür verlangte, daß Sams Leute seinen Baumbestand abholzten.
Südlich von Publia lag Tifonujo, über das Tai Fung herrschte, ein ehemaliger Hauptmann von Kublai Khans Reiterarmee, der auf der Erde betrunken vom Pferd gefallen war und sich das Genick gebrochen hatte.
Und an Tifonujo schloß sich Soul City an, die geführt wurde von Elwood Hacking und Milton Firebrass.
Sam blieb plötzlich stehen und richtete den Blick seiner von buschigen Brauen umsäumten Augen auf Grevel. »Es ist zum Verrücktwerden, Bill, aber ich weiß wirklich nicht, was ich jetzt tun soll. Wenn ich John auf den Kopf zusage, daß ich von seinem Mordanschlag weiß – auch wenn Arthur einen solchen Tod, nach allem, was ich von ihm gehört habe, vielleicht verdient hat –, erfährt er gleichzeitig, daß ich in seinem Haus Spione sitzen habe. Er würde ganz einfach alles abstreiten und verlangen, daß ich ihm meinen Zeugen persönlich gegenüberstelle. Und was dann aus dir wird, kannst du dir sicher vorstellen.«
Grevel erbleichte.
Sam sagte: »Sieh zu, daß du dein Herz wieder in Gang setzt. Natürlich würde ich so etwas niemals tun. Alles, was wir jetzt tun können, ist das Maul zu und die Augen offen zu halten. Aber ich kann allmählich nicht mehr zu all diesem Schwachsinn schweigen. Dieser Kerl ist der hinterhältigste Schuft, den ich je kennen gelernt habe – und wenn du wüßtest, welchen Halunken ich im Laufe meines Lebens schon begegnet bin, einschließlich jener Sorte von Mensch, die sich Verleger nennt – wüßtest du, wovon ich rede.«
»John würde sich sicher gut als Steuereintreiber machen«, erwiderte Grevel, als sei dies die schlimmste Form der Beleidigung. Für ihn traf das zumindest zu.
»Es war ein schwarzer Tag, als ich mich dazu hinreißen ließ, John als Partner zu akzeptieren«, murmelte Sam und blies, sich Grevel zuwendend, eine Rauchwolke aus. »Aber hätte ich es nicht getan, hätten sich alle Chancen, an das Eisen heranzukommen, in Nichts aufgelöst.«
Nachdem er Grevel gedankt hatte, entließ er ihn. Der Himmel über den Bergen auf der anderen Seite des Flusses färbte sich allmählich rot. Bald würde das Felsengestein an den Rändern rosa und das darüberliegende Firmament blau werden, aber auch dann würde es noch eine geraume Weile dauern, ehe die Sonne das Tal beschien. Vorher würden sich auf jeden Fall die Gralsteine in Betrieb setzen.
Sam wusch sein Gesicht in einer Schüssel, strich seinen dicken, rötlichen Haarbüschel nach hinten, reinigte sich die Zähne, indem er Zahnpasta auf die Spitze seines Zeigefingers schmierte und im Mund herumfummelte. Darauf spülte er sich den Mund aus. Er schlang den Gürtel mit den vier Scheiden und dem kleinen, daran befestigten Beutel um die Hüften, legte eines der Tücher wie einen Umhang um die Schultern, nahm seinen eisenbeschlagenen Spazierstock aus Eichenholz und griff nach seinem Gral. Dann ging er die Treppen hinunter. Das Gras war noch feucht, denn es regnete jede Nacht von drei bis halb vier, und das Tal wurde erst dann wieder getrocknet, wenn die Sonne kam. Zum Glück gab es auf diesem Planeten weder Krankheitserreger noch andere Viren, die einem gefährlich werden konnten. Wäre das nicht so gewesen, die Hälfte der Talbewohner würde jetzt schon nicht mehr am Leben sein, weil Grippe und Lungenentzündungen sie hinweggerafft hätten.
Obwohl Sam nun seit langer Zeit wieder jung und kräftig war, behagte es ihm immer noch nicht, an großen Feierlichkeiten teilzunehmen. Statt dessen wälzte er Pläne. Selbst jetzt, wo er sich auf den nächsten Gralstein zubewegte, dachte er an eine kleine Eisenbahnlinie, die man von seinem Haus aus bis an die Ufergestade bauen könnte. Aber das würde sie zu lange von wichtigeren Tätigkeiten abhalten. Warum sollte er nicht ein Automobil konstruieren, dessen Motor Alkohol verbrannte?
Die ersten Leute begannen sich ihm anzuschließen, und von nun an war Sam hauptsächlich damit beschäftigt »Saluton!« oder »Bonan Matenon!« zu sagen. Als er das Ende seines Weges erreicht hatte, überreichte er seinen Gral einem Mann, der ihn in eine der Vertiefungen auf der Oberfläche des pilzförmigen Steins stellte. Als etwa sechshundert der Metallzylinder ihren Platz gefunden hatten, zogen die Leute sich respektvoll zurück. Fünfzehn Minuten später wurde der Felsen von einem ungeheuren Aufbrüllen erschüttert. Blaue Flammen jagten fünfundzwanzig Fuß hoch in die Luft, während der Donner von den Bergwänden zurückgeworfen wurde. Nachdem sie erloschen waren, wurden die Gräle an ihre Besitzer zurückgegeben. Sam ging auf seine »Brücke« zurück und stellte sich die ernsthafte Frage, wieso er noch nicht auf die Idee gekommen war, jemanden damit zu beauftragen, ihm diese lästige Abholpflicht abzunehmen. Die Antwort darauf war, daß jeder Mensch in einer solchen Abhängigkeit von seinem Gral lebte, daß er es einfach nicht zu riskieren wagte, ihn aus den Augen zu verlieren.
Nach Haus zurückgekehrt, öffnete Sam den Deckel. Die sechs übereinanderstehenden, am Rand des Zylinders befestigten Behälter enthielten die unterschiedlichsten Dinge.
Der Gral – jeder Gral – verfügte über einen doppelten Boden, in dem sich ein Energie-Materie-Umwandler befand, der für Abwechslung in der Nahrungsfolge sorgte. Heute morgen gab es Eier mit Speck, Toast mit Butter und Marmelade, ein Glas Milch, eine Scheibe einer Melonenart, zehn Zigaretten, einen Marihuana-Joint, einen Würfel Traumgummi, eine Zigarre und ein Fläschchen mit wohlschmeckendem Likör.
Sam nahm Platz. Er hatte sich vorgenommen, mit Appetit zu essen, aber bevor er dazu kam, fühlte er plötzlich einen Stich in der Magengrube. Als er aus dem Steuerbordfenster blickte (was er beim Frühstück bevorzugte, damit er nicht gezwungen war, auf Cyranos Hütte zu schauen), entdeckte er einen jungen Mann, der auf den Knien vor seiner Behausung hockte. Der Bursche betete, hatte die Augen geschlossen und die Hände gefaltet. Bekleidet war er lediglich mit einem Kilt und dem Rückgratknochen eines Fisches, der an einem Lederband um seinen Hals hing. Er hatte dunkelblondes Haar, ein breitflächiges Gesicht und einen muskulösen Körper. Allerdings waren seine Rippen deutlich zu erkennen.
Der betende Mann war kein anderer als Hermann Göring.
Sam stieß einen Fluch aus und sprang so heftig auf, daß der Stuhl, auf dem er gesessen hatte, nach hinten flog. Dann nahm er sein Frühstück und transportierte es von dem Beistelltischchen, an dem er ansonsten seine schriftlichen Arbeiten zu erledigen pflegte, und wanderte damit an den anderen hinüber, der die Mitte des Raumes einnahm. Görings Gegenwart hatte ihm bereits mehr als einmal den Appetit verschlagen, denn wenn Sam etwas im Leben nicht ausstehen konnte, waren es ehemalige Sünder, die plötzlich zu irgendeinem religiösen Glauben gefunden hatten und allen anderen Menschen mit ihrem Bekehrungsgefasel auf die Nerven gingen. Und ein Sünder war Göring zweifellos gewesen. Jetzt allerdings – das war seine Art der Kompensation – führte er sich auf wie ein Heiliger. Zumindest erschien er Sam so, denn Göring selbst pflegte sich ohne Unterlaß als die niedrigste Kreatur des Universums zu bezeichnen.
Scher dich zum Henker mit deiner aufgeblasenen, arroganten Art der Bescheidenheit, hatte Sam gesagt. Oder zumindest weiter flußabwärts…
Wäre die Magna Charta, die Sam erstellt hatte (unter dem Protest König Johns, von dem man nichts anderes hatte erwarten können), nicht gewesen, hätte er Göring und seine Jünger längst des Landes verwiesen. Noch vor einer Woche hätte er das mit Leichtigkeit tun können. Aber jetzt gab die Magna Charta, die Verfassung des Staates Parolando, der demokratischsten Gesellschaft in der Geschichte der Menschheit, jedem Bürger absolute religiöse Freiheit und ebenso das Recht, auszusprechen, was er dachte. Das heißt beinahe, irgendwo mußte schließlich auch eine Grenze sein.
Und jetzt verbat das Dokument, daß Sam aufgesetzt hatte, ihm selbst, die Missionierungsversuche der Kirche der Zweiten Chance zu unterbinden.
Wenn Göring weiterhin gegen alles protestierte, wenn er weiterhin Reden schwang und noch mehr Leute zu seinem doktrinären pazifistischen Widerstand bekehrte, konnte Sam sein Flußboot in den Himmel schreiben. Hermann Göring hatte aus seinem Schiff ein Symbol gemacht; er behauptete, es repräsentiere die Überheblichkeit des Menschen, seine Habgier, seine Lust an der Gewalt und stehe im Widerspruch zu den Plänen, die der Schöpfer mit der Welt habe.
Die Menschen dürfen keine Boote bauen, sagte er, sondern sich damit begnügen, ihre Seelen zu durchleuchten. Alles, was die Menschheit benötige, sei ein Dach über dem Kopf, um sich vor dem Regen zu schützen, und ein paar dünne Wände, um sich hin und wieder in die Privatheit zurückziehen zu können, denn er brauche nun nicht länger mehr sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu verdienen. Er erhalte Speis und Trank, ohne daß man dafür eine Gegenleistung von ihm erwarte, nicht einmal einen Dank, und er habe nun alle Zeit der Welt, um in sich zu gehen. Deswegen dürfe er sich gegen seinen Nächsten weder versündigen noch ihn seines Besitzes oder seiner Liebe berauben. Er müsse die anderen ebenso respektieren wie sich selbst, was nun einmal durch Diebstahl, Räuberei, Gewalt und Verachtung nicht möglich sei. Des weiteren müsse er…
Sam wandte sich ab. Zwar hatte Göring einige Ansichten, die unterstützenswert waren, aber es war einfach falsch von ihm anzunehmen, daß sie, wenn sie jenen Leuten, die für ihr Hiersein verantwortlich waren, die Stiefel leckten, darauf hoffen durften, ihre Welt würde in ein Utopia der geretteten Seelen verwandelt. Man hatte die Menschheit nur ein weiteres Mal hereingelegt; sie wurde benutzt, schlecht behandelt und mißbraucht. Alles, was man mit ihnen angestellt hatte – die Wiedererweckung von den Toten, die körperliche Verjüngung, die absolute Gesundheit, die kostenlosen Lebens- und Genußmittel –, all das war nur ein schäbiger Trick, ein süßer Dauerlutscher, mit dem man die Menschheit in eine dunkle Gasse locken wollte, um sie zu… Um sie zu was? Sam hatte keine Ahnung. Aber der geheimnisvolle Fremde hatte behauptet, seine Leute seien drauf und dran, die gesamte Menschheit in einer solch grausamen Art und Weise zum Narren zu halten, daß die blasphemische Existenz ihres Erdendaseins im Gegensatz dazu nur ein müder Scherz genannt werden könne. Man hatte die Menschheit erweckt und auf diesen Planeten transportiert, weil man sie angeblich studieren wollte, das war alles. Und sobald die Studien abgeschlossen waren, würde sie wieder in die Dunkelheit und das Vergessen zurückkehren. Zum zweitenmal angeschmiert.
Aber welchen Nutzen zog der Fremde daraus, wenn er dies einer kleinen Gruppe Auserwählter offenbarte? Warum hatte er sich der Mitarbeit einer kleinen Anzahl von Menschen versichert, um mit ihnen gegen seine eigenen Kollegen vorzugehen? Welche Absichten verfolgte der Fremde in Wirklichkeit? Hatte er Sam, Cyrano, Odysseus und all die anderen, die bis jetzt noch nicht zu ihnen gestoßen waren, angelogen?
Auch das wußte Sam Clemens nicht. Er befand sich auch auf dieser Welt in der Großen Dunkelheit, die er von der Erde her bereits kannte. Aber eins wußte er mit Sicherheit: Er würde sein Schiff bauen.
Die Nebel verzogen sich jetzt; die Frühstückszeit war vorüber. Sam kontrollierte die Wasseruhr und läutete die Glocke. Sobald das Geräusch sich fortpflanzte, erklangen die Pfeifensignale seiner Unterführer, die jeden Zipfel des zehn Meilen langen Landstrichs erreichten, der sich Parolando nannte. Dann setzten die Trommeln ein, und die Bürger gingen an die Arbeit.